Reiten in der Schule

Reiten in der Schule©Prinz von Homburg-Schule Neustadt

„Reiten ist für mich ein Sport, der mich zur Ruhe bringt. Auch deshalb, weil man viel Feingefühl für das Pferd und für sich selbst mitbringen muss.“, sagt Marc Brückelmeier. Der 18jährige aus Schleswig-Holstein ist einer von 75 Schülerinnen und Schülern, die aktuell an dem bundesweit einmaligen Projekt „Spezialklasse Reitsport“ an der Prinz-von-Homburg-Schule in Neustadt (Dosse) teilnehmen.

Schulleiter Christian Tatje ist gleichzeitig Klassenlehrer einer der vier „Spezialklassen Reitsport“ in den Jahrgangsstufen 7 bis 10: „An diesem Unterricht nehmen zwischen 15 und 19 Schülerinnen und Schüler teil. Ab Klasse 11 können sie das Bewegungsfeld ‚Reiten‘ im Fach Sport wählen und somit ihr Hobby auch in der gymnasialen Oberstufe bis zum Abitur einbringen. Ein großer Teil von ihnen lebt während der Schulzeit in einem unserer beiden Internate. Entweder in der kommunal geführten ‚Mühle Spiegelberg’ oder ‚Schloss Spiegelberg’, das von einer privaten Elterninitiative getragenen wird. Die jungen Reiterinnen und Reiter kommen aus ganz Deutschland und bringen dadurch unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen mit. In einigen Jahrgängen hatten wir auch schon Jugendliche aus Österreich, der Schweiz, Thailand oder Spanien an unserer Schule. Diese bunte Mischung bereichert das Projekt sehr und schafft immer wieder spannende interkulturelle Begegnungen.“

Die Idee dazu hatten vor fast 25 Jahren zwei Männer: der damalige Schulleiter und der damalige Bürgermeister. Beide erkannten die Chance, die bestehende Arbeitsgemeinschaft Reitsport der Schule und die enge Verbindung zum Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) für die Schulentwicklung zu nutzen. Aus dieser Zwei-Mann-Initiative entstand das Wahlpflichtfach „Reiten“ mit dem Ziel, den Schulstandort zu sichern und die gymnasiale Oberstufe langfristig zu etablieren. Mit Erfolg: Immer mehr Jugendliche nahmen das besondere Angebot der Prinz-von-Homburg-Schule an, um ihren Traum vom Lernen und Reiten zu verwirklichen.

Schulleiter Christian Tatje: „Das Projekt wurde kontinuierlich ausgebaut, die turniersportliche Ausrichtung der Schülerinnen und Schüler nahm immer mehr zu. Deshalb wurde eine spezielle Begabtenförderung mit offizieller Genehmigung des Bildungsministeriums eingerichtet, aus der sich 2009 die „Spezialklasse Reiten“ entwickelte, die bis heute vom Landesverband Pferdesport Berlin-Brandenburg als Fachverband begleitet wird. Für mich ist das Projekt ‚Reiten in der Schule‘ ein wunderbares Beispiel, wie eine staatliche Schule mit Partnern vor Ort eng zusammenarbeiten kann, um Kindern und Jugendlichen neue Horizonte zu eröffnen – unabhängig von ihrer Herkunft. Und ich sehe darin ein wichtiges Instrument zur Förderung des Reitsports, der Verantwortung und dem Zusammenhalt in einer Gemeinschaft.“

Ihr Können stellen die Reiterinnen und Reiter regelmäßig bei Turnieren in der Region unter Beweis, in der Dressur, im Springen oder in der Vielseitigkeit (Mehrkampf aus Dressur, Springen und Cross). Bei den jüngeren Jahrgängen geht es dabei vor allem um die Freude am Wettkampf und das Erlernen von Routinen, und nicht nur um Platzierungen. Schulleiter Christian Tatje: „Spätestens ab Klasse 9 entscheiden sie sich dann für eine Disziplin und nehmen zunehmend an Wettbewerben in Brandenburg und darüber hinaus teil. Ein besonderer Höhepunkt sind die Landesmeisterschaften, die auf dem Gelände des Brandenburgischen Haupt- und Landgestüts Neustadt (Dosse) stattfinden, also in direkter Nachbarschaft zu unserer Schule.“

Zum Reitsport gehört indes nicht nur das Glänzen vor Publikum, die jugendlichen Pferde-Fans tragen auch die Verantwortung für ihre Tiere. Sie kümmern sich vor und nach dem Unterricht und häufig auch abends um die Pflege der Pferde. Dazu gehört das Füttern oder das Vorbereiten der Turniere am Wochenende, aber auch das Stallausmisten. Diese Aufgaben stärken das Verantwortungsbewusstsein und intensivieren den Kontakt zum Tier. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Schulpferd oder ein eigenes Pferd handelt. Denn für alle gilt: Das Tierwohl steht an erster Stelle. Deshalb werden im Theorieunterricht auch Themen wie Fütterung, Gesundheit der Pferde und artgerechte Haltung berücksichtigt.

Reitsport gilt als elitär und kostspielig. Schulleiter Christian Tatje: „Das ist richtig. Doch durch die Kooperation mit dem Gestüt und den Wohnheimen ist die Teilnahme für unsere Schülerinnen und Schüler günstiger als in privaten Schulen, da wir als staatliche Gesamtschule kein Schulgeld verlangen. Die Reiterinnen und Reiter sind Teil der Schülerschaft und aufgrund des Kurssystems den überwiegenden Teil des Schultags mit den anderen Klassen gemeinsam unterwegs. Talentierte Jugendliche werden durch das Gestüt organisatorisch unterstützt. In den Klassen 7 und 8 dürfen sie auf Schulpferde des Gestüts zurückgreifen, was ihnen den Einstieg erleichtert. Erst ab Klasse 9 ist ein eigenes Pferd Pflicht, um die enge Bindung zwischen Reiterin oder Reiter und Tier zu ermöglichen. Das ist für Turniere unerlässlich. Der Kauf eines Pferdes ist oft kostenintensiver als Investitionen für andere Sportarten. Aber es ist ein Vorurteil, dass nur ganz teure Pferde zum Erfolg führen. Vielmehr können gute Arbeit, Engagement und ein starkes Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Pferd vieles kompensieren und oft sogar entscheidender für den Erfolg sein.“

Der 18jährige Marc Brückelmeier sagt dazu: „Mich fasziniert besonders, wie man durch gezieltes Training und Hingabe gemeinsam mit dem Pferd erfolgreich sein kann. Diese Faszination hat sich bei mir nach und nach entwickelt, durch viele schöne Erlebnisse, aber auch durch Herausforderungen, an denen ich gewachsen bin.“ Eva Kemper (17) aus Niedersachen meint: „Mich fasziniert die Kommunikation zwischen Mensch und Tier. Und die Feinheit, die man zum Reiten benötigt. Dieser Sport gibt mir jeden Tag aufs Neue einen Realitätscheck. Unsere Pferde sind auch nicht immer perfekt und haben auch mal keinen guten Tag. Darauf müssen wir als Reiter Rücksicht nehmen.“ Und Mia Schuster (16) aus Brandburg ergänzt: „Der Gedanke, irgendwann als Profi zu reiten klingt sehr spannend. Im Moment bin ich mir jedoch nicht sicher, was ich später machen möchte und wo die Reise hingeht. Ich will erst mal die Schule fertig machen und mir alle Türen offenhalten.“

Welche Ziele verfolgt das Projekt „Spezialklasse Reitsport“? Schulleiter Christian Tatje: „Den Reitsport als festen Bestandteil unseres Schullebens weiter zu stärken und mit einer klaren turniersportlichen Ausrichtung zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.“

Jetzt sind Sie gefragt:
Haben Sie auch ein Projekt? Gibt es an Ihrer Schule etwas, dass beispielgebend für Kolleginnen und Kollegen ist? Sind sie in einer Sache an Ihrer Schule stark engagiert oder möchten Sie auf das Engagement anderer aufmerksam machen? Dann wenden Sie sich an unsere Autorin Dona Kujacinski: dona@donakujacinski.de. Die Journalistin stellt im Auftrag des MBJS „Projekte und Pioniere“ vor.


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