Gute Bildung darf nicht von der sozialen Herkunft abhängen. Der Sozialindex ist ein Baustein zur Stärkung der Bildungs- und Chancengerechtigkeit. Der Sozialindex soll helfen, sozial besonders belastete Schulen zu identifizieren, um sie im Zuge bildungspolitischer Programme durch eine gezielte Verteilung von Ressourcen unterstützen zu können. Er dient zur Beschreibung des sozioökonomischen Hintergrunds der Schülerinnen und Schüler einer Schule und bewertet nicht die pädagogische Arbeit einer Schule.
Der vom MBJS entwickelte Sozialindex für Schulen im Land Brandenburg ist ein Instrument, das unter den öffentlichen Schulen einen relativen Vergleich des sozioökonomischen Hintergrunds der Schülerschaft an Schulen erlaubt. Dazu wird jede Schule in eine Gruppe eingeordnet (1 = niedrigste soziale Belastung bis 5 = höchste soziale Belastung). Es ist bekannt, dass die Bildungsteilhabe in Deutschland stark mit dem sozioökonomischen Hintergrund der Schülerinnen und Schülern zusammenhängt. Deshalb erfolgt die Zuordnung von Schulen zu den Gruppen auf Grundlage von entsprechenden Indikatoren der Schülerschaft der jeweiligen Schule.
Hintergrund zur Entwicklung des Sozialindexes ist der in vielen Studien empirisch belegte Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft der Schülerinnen und Schüler und deren Bildungserfolg (Bildungsteilhabe). Es ist jedoch Konsens, dass gute Bildung nicht von der sozialen Herkunft abhängen darf. Dafür hat das brandenburgische Bildungsministerium (MBJS) einen Sozialindex für die Schulen in öffentlicher Trägerschaft im Land Brandenburg mit dem Ziel entwickelt, das Bildungssystem Schritt für Schritt nachhaltig zu verbessern, damit Kinder und Jugendliche gleichwertige Bildungschancen erhalten.
Der Sozialindex bildet schulscharf den sozioökonomischen Hintergrund der Schülerschaft einer Schule ab. Das ermöglicht eine Vergleichbarkeit über objektive Wertemaßstäbe. Zur Erstellung des Sozialindexes werden Indikatoren genutzt, die die Sozialkomposition der Schülerschaft einer Schule beschreiben und den Anforderungen an die Relevanz (Abbildung der sozialen Voraussetzungen der Schüler), die schulscharfe (oder mind. gemeindescharfen) Darstellbarkeit und die kurzfristige Verfügbarkeit (vorliegende Daten der Schulstatistik oder amtliche Statistikdaten) erfüllen.
Indikatoren des Sozialindex:
- schulscharfe SGB-II-Quote, berechnet aus den Quoten der Empfänger von Grundsicherung in den jeweiligen Wohnortgemeinden der Schülerinnen und Schüler (abweichend für kreisfreie Städte: SGB-II-Quote der Stadtteile der Schulstandorte),
- Anteil der Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Verkehrssprache (Familiensprache) an der Gesamtschülerschaft einer Schule sowie
- Anteil der Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf an der Gesamtschülerschaft einer Schule.
Auswahl und Gewichtung der Indikatoren
Für die Auswahl der in Frage kommenden Indikatoren wurde der grundlegende Einfluss potentieller Indikatoren auf Leistungsdaten von Schülerinnen und Schülern mithilfe der Regressionsanalyse untersucht. Die Auswahl der Indikatoren erfolgte nach Signifikanz und Erklärungsbeitrag hinsichtlich der Leistungsdaten.
Grundlage der Berechnung des Sozialindexes ist das Verfahren der Faktoranalyse. Dazu wurde zunächst sichergestellt, dass die ausgewählten Indikatoren ein Mindestmaß an gemeinsamer Varianz (mittlere Korrelation) besitzen und dadurch für den faktoranalytischen Ansatz geeignet sind. In der Faktorenanalyse werden gemeinsame Informationen der Indikatoren durch Gewichtung über Faktorladungen zu einem Faktorwert gebündelt. Je höher die Faktorladung, desto stärker ist der Zusammenhang zwischen dem Indikator und dem Faktorwert; die höchste mögliche Faktorladung wäre ein Wert von +1. Durch Normierung der Faktorladungen (in der Summe gleich eins) erhält man die entsprechenden Gewichtungen für die (standardisierten) Indikatoren im Faktorwert. Die ermittelten Faktorladungen sowie die daraus abgeleiteten Gewichte der (standardisierten) Indikatoren sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
Grundschule | weiterführende Schule | |||
---|---|---|---|---|
Faktorladung | Gewichtung | Faktorladung | Gewichtung | |
nach Schülerwohnortgemeinden gewichtete SGB-II-Quote | 0,876 | 39 % | 0,756 | 33 % |
Anteil von SuS* mit nicht-deutscher Verkehrssprache | 0,867 | 39 % | 0,888 | 39 % |
Anteil von SuS* mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf | 0,489 | 22 % | 0,638 | 28 % |
Stand Sozialindex: 18.01.2024.
*Schülerinnen und Schülern
Mithilfe der Gewichtungen kann das gewichtete arithmetische Mittel der drei standardisierten Indikatoren gebildet werden, um einen schulscharfen Faktorwert zu erhalten.
Auswahl der Gruppen
Die Gruppen ergeben sich aus der Gruppierung der Faktorwerte mittels hierarchischer Clusteranalyse. Dabei entstehen Cluster, die in sich möglichst gleichartig sind und sich gleichzeitig möglichst stark von den anderen Clustern unterscheiden. Die Clusteranalyse wurde für die Grundschulen und die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen separat durchgeführt. In beiden Analysen wurden im Ergebnis jeweils fünf Cluster gebildet, welche die Gruppen darstellen. Der Sozialindex einer Schule wurde als ihre jeweilige Zuordnung zu einer der Gruppen definiert.
Grundschulen
Für die Grundschulen ergibt sich folgende Verteilung auf die Gruppen (1 = geringste soziale Belastung bis 5 = stärkste soziale Belastung):
Gruppe | Anzahl der Schulen | Anteil |
---|---|---|
1 | 64 | 15,8 % |
2 | 142 | 35,1 % |
3 | 81 | 20,0 % |
4 | 89 | 22,0 % |
5 | 28 | 6,9 % |
Insgesamt | 404 | 100,0 % |
Die Unterschiede zwischen den Gruppen können in der nachfolgenden Tabelle anhand der Mittelwerte der zugrunde gelegten Indikatoren abgelesen werden. In allen fünf Gruppen bestehen bei den einzelnen Indikatoren jeweils deutliche Unterschiede zur nächstgelegenen Gruppe.
Gruppe | SGB-II-Quote | Anteil der SuS* mit nicht-deutscher Verkehrssprache | Anteil der SuS* mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf |
---|---|---|---|
1 | 2,9 % | 2,6 % | 1,4 % |
2 | 5,1 % | 5,0 % | 3,0 % |
3 | 8,0 % | 10,3 % | 3,7 % |
4 | 11,8 % | 18,2 % | 4,6 % |
5 | 17,6 % | 39,7 % | 6,0 % |
an allen Grundschulen | 7,7 % | 11,0 % | 3,5 % |
* Schülerinnen und Schüler
Datengrundlage: Schuldatenerhebung 23/24 sowie Statistiken der Bundesagentur für Arbeit
weiterführende allgemeinbildende Schulen
Für die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen ergibt sich folgende Verteilung auf die fünf Gruppen (1 = geringste soziale Belastung bis 5 = stärkste soziale Belastung):
1 | 51 | 22,6 % |
2 | 48 | 21,2 % |
3 | 49 | 21,7 % |
4 | 49 | 21,7 % |
5 | 29 | 12,8 % |
Insgesamt | 226 | 100,0 % |
Gruppe | Anzahl der Schulen | Anteil |
---|
Die Unterschiede zwischen den Gruppen können in der nachfolgenden Tabelle anhand der Mittelwerte der zugrunde gelegten Indikatoren abgelesen werden. Auch hier bestehen in allen fünf Gruppen bei den einzelnen Indikatoren jeweils deutliche Unterschiede zur nächstgelegenen Gruppe.
1 | 4,4 % | 3,5 % | 1,2 % |
2 | 6,8 % | 5,8 % | 3,3 % |
3 | 7,3 % | 9,0 % | 5,8 % |
4 | 10,3 % | 14,7 % | 6,5 % |
5 | 15,2 % | 24, 8% | 9,5 % |
an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen |
8,2 % | 10,3 % | 4,9 % |
Gruppe | SGB-II-Quote | SuS* mit nicht-deutscher Verkehrssprache | SuS* mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf |
---|
* Schülerinnen und Schüler
Datengrundlage: Schuldatenerhebung 23/24 sowie Statistiken der Bundesagentur für Arbeit
Mit 25 Oberschulen (86 Prozent) von insgesamt 29 weiterführenden Schulen in Gruppe 5 ist diese Schulform unter den am stärksten sozial belasteten Schulen mit Abstand am häufigsten vertreten. Mit 36 Oberschulen (73,5 Prozent) von 49 weiterführenden Schulen in Gruppe 4 ergibt sich für die darunterliegende Gruppe ein ähnliches Bild. Die Gesamtschulen sind relativ gleich über die 5 Gruppen verteilt. Ein Großteil der weiterführenden Schulen in Gruppe 1 sind Gymnasien (80,4 Prozent).
Der Sozialindex für Schulen im Land Brandenburg kommt bei wichtigen Programmen zur Anwendung, um sozial besonders belastete Schulen gezielt zu unterstützen. Dies gilt zum Beispiel für das zum 1. Februar 2024 eingeführte Schulbudget und für das Startchancen-Programm, über das ab dem Schuljahr 2024/25 gezielt benachteiligte Schülerinnen und Schüler gefördert werden sollen. Der für das Startchancen-Programm angewendete Sozialindex des Landes Brandenburg wurde vom Bund anerkannt.
> Schulbudget
Schulbudget
> Startchancenprogramm
Die Auswahl der 110 Schulen für das Startchancenprogramm erfolgte anhand des Sozialindex. Zusätzlich zu den Schulen in öffentlicher Trägerschaft wurden die Schulen in freier Träger ergänzt.
Die statistischen Grundlagen für den Sozialindex werden regelmäßig überprüft. Der Sozialindex soll alle 3 Jahre aktualisiert werden.