Preisgekrönte Pflanzenkohle

Projekte und Pioniere_Pflanzenkohle©Mark Olischläger

Der Klimawandel – ein Thema, das viele Jugendliche nicht nur interessiert, es macht einigen von ihnen auch Angst. Deshalb setzen sich viele von ihnen dafür ein, dass ihre Welt geschützt wird. Sie tun dies, weil sie sich um ihre Zukunft sorgen und nicht wollen, dass ihr Lebensraum den Gefahren, die der Wandel des Klimas mit sich bringt, ausgesetzt ist. Manche engagieren sich im Großen, andere im Kleinen. Ein Engagement findet gerade an der Jean-Clermont-Schule in Oranienburg statt: Die Schülerfirma hat das Projekt „Pflanzenkohle“ entwickelt und zu einem tollen Erfolg gebracht.

„Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler für den Klimawandel zu sensibilisieren und zugleich auch den aufsteigenden Fatalismus zu bekämpfen, indem wir ihnen zeigen, dass Lösungsansätze existieren“, erklärt der Biologie- und Chemielehrer Mark Olischläger, „diese Lösungsansätze können sowohl in kleinen Projekten, wie unserer Schülerfirma, als auch von der (bio)chemischen Industrie in Großprojekten implementiert werden. Das bedeutet: Der Klimawandel soll von den Jugendlichen zwar als Problem, aber auch als wirtschaftliche und gesellschaftliche Chance, die neue Möglichkeiten bietet, erkannt werden.“

Deshalb spricht Mark Olischläger im Rahmen des Themakomplexes „Nachhaltigkeit“ nicht nur den Klimawandel an, sondern auch die Probleme bei der Landnutzung. „Im Unterricht vermittle ich meinen Schülerinnen und Schülern, dass man bei der Nachhaltigkeit drei Seiten beachten muss: Die ökologischen, die ökonomischen und die gesellschaftlichen Auswirkungen. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Schülerinnen und Schüler gerade durch die Geschichte der Pflanzenkohle sehr gut motivieren lassen. Warum? Pflanzenkohle ist ein uraltes, aber lange vergessenes Mittel zur Bodenverbesserung. Eine Art Aktivkohle, die von der indigenen Bevölkerung des Amazonas hergestellt und verwendet wurde, um unfruchtbare Böden fruchtbar zu machen. Mit Pflanzenkohle behandelte Böden speichern große Mengen an Wasser und Nährstoffen. Sie ist zentraler Bestandteil eines von Menschen künstlich hergestellten Agrarbodens namens Terra Preta. Nach der  Eroberung Amerikas durch die Spanier ging dieses Wissen der Bodenbearbeitung bis in die 1980er Jahre komplett verloren. In jüngster Zeit belegten zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen die Möglichkeit, mit Pflanzenkohle das Pflanzenwachstum zu verbessern und die Wasserspeicherfähigkeit von Böden stark zu erhöhen. Zusätzlich werden bei der Herstellung von Pflanzenkohle große Mengen an CO2 dauerhaft gebunden, also indirekt der Luft entnommen und dem Kohlenstoffkreislauf entzogen. Mithilfe von chemischen Analysen lässt sich dann berechnen, wie viel CO2 in der Pflanzenkohle gespeichert wurde.“

Vor diesem Hintergrund entstand die Idee mit den Schülerinnen und Schülern Pflanzenkohle herzustellen und zu vermarkten. Um sie in die Tat umzusetzen, wurden vom Verband der Chemischen Industrie Fördergelder eingeworben und die erforderliche Ausrüstung gekauft: unter anderem ein sogenannter „Kon-Tiki“, eine Art Kessel, in dem die Pflanzenreste pyrolysiert werden. Eine weitere Idee der Schülerfirma ist es, aus Gartenabfällen – in der Regel holziger Grünschnitt, der durch die Instandhaltung des Schulgeländes oder in den Gärten der Eltern anfällt – mithilfe einer Low-Tech-Methode Pflanzenkohle herzustellen.

Die Inspiration, dies in einer Schülerfirma zu machen, hatte Mark Olischläger durch seine frühere wissenschaftliche Tätigkeit. Bevor er als Seiteneinsteiger im „besonderen Zugang“ von 2017 bis 2019 am Studienseminar Bernau zum Lehrer ausgebildet wurde, war er Meeresbiologe und Forschungstaucher am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meereskunde in Bremerhaven. Sein Spezialgebiet war die Biologie von Makroalgen, insbesondere von Kelp, einer schnellwachsenden Algengruppe, die bis zu 50 Meter groß werden kann. Kelp kommt in allen kaltgemäßigten Meeren, wie zum Beispiel der Nordsee, aber auch in den polaren Ozeanen der Arktis und Antarktis vor. Zusammen mit Forschern der Universität Aarhus in Dänemark schrieb Mark Olischläger als Wissenschaftler zwei Projektanträge, in denen das Potenzial der grönländischen Braunalgen als Ressource zur Biogasgewinnung und Pflanzenkohlegewinnung untersucht werden sollte. Beide Anträge wurden abgelehnt. Danach schlummerte das Thema „Pflanzenkohle“ lange in seinem Hinterkopf und wurde erst fast zehn Jahre später bei der Planung von handlungsorientiertem Unterricht und der Schülerfirma realisiert.

Ziel der Schülerfirma ist es, die Pflanzenkohle als nutzbares Produkt herzustellen und zu vermarkten, beispielsweise zur Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit von Beeten. Ein weiteres Ziel ist es, im Umfeld der Schule inoffizielle, schulinterne CO2-Zertifikate zu verkaufen. Mark Olischläger: „Unter CO2-Zertifikaten verstehen wir eine Urkunde, die dem Käufer bescheinigt, dass eine gewisse Menge CO2 der Atmosphäre entzogen wurde. Die CO2-Zertifikate können zur Kompensation alltäglicher Klimasünden genutzt werden, wie zum Beispiel: mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Die Pflanzenkohle wird dem Zertifikatkäufer entweder ausgehändigt oder von der Schülerfirma vermarktet. Mögliche Verwendungen sind die Herstellung von Terra Preta oder die Verwendung als Bodenzugabe zum Schutz von durch Trockenheit gestressten Bäumen.“  

Die Hälfte des Erlöses der Schülerfirma geht an den Förderverein der Schule, die andere Hälfte sollen die Schülerinnen und Schüler bekommen und erhalten somit die Möglichkeit durch eine ökologische Problemlösung etwas Geld zu verdienen. Im Juli 2024 wurden die ersten Chargen Pflanzenkohle unter der Betreuung von Maren Kopatz, WAT Lehrerin an der Jean-Clermont-Schule und Mark Olischläger produziert. Mittlerweile findet das Konzept der Schülerfirma weit über die Schule hinaus Beachtung. Die Schülerinnen und Schüler präsentierten ihr Projekt auch Wirtschaftsvertretern aus Oberhavel an der „Schule der Löwen“ und gewannen nicht nur neue Unterstützer, sondern auch den 1. Preis.

Mark Olischläger: „Die Schülerinnen und Schüler, die bei dem Projekt „Pflanzenkohle“ dabei sind, wissen nicht nur um die Wichtigkeit ihrer Schülerfirma, sie machen auch begeistert mit, weil sie wissen, dass ihr Projekt ihnen selbst und dem Schutz des Klimas dient.“

Jetzt sind Sie gefragt:
Haben Sie auch ein Projekt? Gibt es an Ihrer Schule etwas, dass beispielgebend für Kolleginnen und Kollegen ist? Sind sie in einer Sache an Ihrer Schule stark engagiert oder möchten Sie auf das Engagement anderer aufmerksam machen? Dann wenden Sie sich an unsere Autorin Dona Kujacinski: dona@donakujacinski.de. Die Journalistin stellt im Auftrag des MBJS „Projekte und Pioniere“ vor.


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